|
zur Chronik
|
Text des Monats
Alltäglicher Wahn in der Großstadt
(Menschen wie sie miteinander umgehen)
|
|
Unionbrauerei an der Stadtsparkasse
Bin ich doch heute Morgen an der Bank und schau auf meinen Kontostand, begegnet mir ein junger Mann mit einer Kanne in der Hand
und haut mich an und sagt: "Haste mal ein Euro? Ich hatte noch kein Frühstück." Ich sagte: "Tut mir leid, mein Kontostand ist
auf Null. Vielleicht ein ander Mal."
Hinter mir steht ein anderer Herr. Der Obdachlose sprach ihn genau so an, wie er mich angesprochen hat. Der Herr trat den Obdachlosen
ans Bein und sagte: "Verpiss dich hier, du hast schon eine Bierflasche in der Hand, du assoziale Mistkeule."
Die Gegebenheiten lösten sich auf und ich dachte: Wie abwertend und wenig aufbauend.
Pennymarkt
Dienstagmorgen:
Ich habe eingekauft. Brötchen, Käse, Wurst und Eier. Freue mich auf unser Frühstück.
Sitzt ein Bettler vor dem Laden.
Fragt mich nach Geld. Er meint, dass er seit Tagen nichts gegessen hat. Ich sagte ihm: "Ich gebe dir kein Geld, aber Brötchen,
Wurst und Käse." Ich überreichte ihm die Lebensmittel und er schrie mich an: "Du alte Schlampe. Ich will Geld und nichts zu Fressen."
Er nahm die Lebensmittel und schmiss sie hinter mir her. Im Weitergehen, hörte ich nur: "Du altes Luder, ich werde noch mit dir
abrechnen. Du wirst sehen was du davon hast."
Netto
Mittwochmorgen:
Eine Frau in den mittleren Jahren sagt zu mir: "Ich verstehe die Menschen nicht mehr. Ich trinke kein Alkohol. Ich brauche nur etwas
zu Essen und keiner gibt mir Geld." Sie schnorrt alle Leute an. Ich sage zu ihr: "Manche Leute haben auch nicht viel Geld und können
nichts abgeben." Sie meint: "Aber einen Euro können sie mir doch geben. Ich brauche Geld." Ich sagte: "Ich kann dir nichts geben, weil
ich selbst auch nicht genug habe."
Ihre Freundlichkeit verwandelte sich und agressiv meinte sie zu mir: "Ich weiß gar nicht warum ich mit dir rede." Sie wendete sich ab.
Sie ging zu dem Treffpunkt, da standen 4 Leute, tranken Bier und Jägermeister. Sie bekam eine Flasche, dann stieg sie in die Bahn.
Ich saß auch da, und sie fragte mich nach Geld. Ihr Kind sei todkrank und sie bräuchte Geld für Medikamente.
Ebenfalls sitzt eine Romafrau, traurig ohne Worte und ihr Blick ist bittend. Sie "arbeitet" für ihren Clan. Regelmäßig kommt ein Mann
von ihrer Sippe in einem Mercedes und holt das Geld ab. Ist wenig Geld in der Kasse wird laut lamentiert und ihr Blick ist hilfesuchend
und ihre Blicke sagen, gebt mir, ich kann nicht anders. Sie sitzt von Montags bis Samstags. Die Polizei warnt und meint, gebt den
Frauen nichts, ihre Männer holen das Geld sowieso. Eine andere Kultur und andere Strukturen.
Richtung Hauptbahnhof
Sonntagmorgen:
Ich laufe durch den Leopoldpark - Richtung Hauptbahnhof. Am Nordeingang kommt eine junge Punkyfrau auf mich zu und meint:
"He, haste en Euro?" Ich sage: "Ich habe keine Geld inne Tasche, tut mir leid." "Haste ne Zigarette?" Ich sage: "Habe ich auch nicht."
Sie fragt mich: "Rauchst de denn?" "Ja klar." Sie sagt zu mir: "Ach du scheiße." Ihren Dobermann gibt sie mir und rennt Richtung Bahnhof.
Ich bin ganz verdutzt und ich stehe da mit ihrem Hund.
Schaue wohl verzweifelt und irritiert. Eine Frau gibt mir Trockenfutter für meinen Vizehund, schenkt mir ein Mettbrötchen und meint
sie müssen mehr Essen. Ich sage zu der Frau, ich habe genug zu Essen. Sie meint, sie brauchen sich nicht schämen, ich habe genug.
Sie drückt mir 10 Euro in die Hand und meint, machen sie sich einen schönen Tag. Ich bin nur verdattert.
Endlich kommt meine Punkyfrau zurück und überreicht mir ein Päckchen Tabak. Sie meint, ein Tag ohne Kippen, kann ich dir nicht zumuten.
Ich weiß, wie es ist, wenn man nichts zu Rauchen hat. Ich überreiche ihr das Mettbrötchen, Hundefutter und die 10 Euro. Lass uns
zusammen abhängen, mit dir bockt es sich, meint sie und schenkt mir ein bezauberndes Lächeln.
Ich gehe weiter. Ich nehme den nächsten Zug.
(H. W.)
|
|